Spontanideen sind immer die besten! Morgen geht es los von Hamburg in Richtung Dresden. Ab Riesa dann auf den Mulderadweg, danach ein wenig improvisieren mit dem Ziel Chemnitz….
Eine schöne Kombination aus Reiselust und dem Wunsch, meine Nichte in Chemnitz endlich mal zu besuchen….
Nach einer Woche Mountainbiken in den Alpen ist etwas Anderes gefragt. Und mein 13. Wunsch aus den Rauhnächten kommt mir immer wieder in den Sinn:
Also JETZT!
Unspektakulär, entspannt.
Rollen.
Eine mir neue Ecke Deutschlands kennenlernen und ein kleines Stückchen die Komfortzone verlassen. Mit dem Zug von Münster bis Hamburg und dann mal schauen, was die Elbe für mich bereit hält….
Dienstagmorgen von Sendenhorst nach Hamburg
Stressfreie Anreise trotz Umstiegen in Osnabrück und Bremen. Die üblichen Hürden: kein Aufzug, lange Schlangen vor dem nächsten, der Aufzug zu klein für ein Fahrrad… Und immer ist jemand da, der mit anfasst, der/die fragt, ob Hilfe gebraucht wird.
Ausstieg wie empfohlen in Hamburg-Harburg. Den geplanten Schwenk auf die alte Elbebrücke spare ich mir, denn eine Baustelle versperrt mir die Zufahrt und es zieht mich raus aufs Land! Hamburg ist eine eigene Reise wert. Heute ist es für mich nur Startpunkt.
Artlenburg habe ich mir als heutiges Tagesziel ausgesucht. Es sind nur ca 45 Kilometer. Der Tag war lang…
Ab Hoopte folge ich erstmals dem Elberadweg-Logo. Jetzt wird es ländlich. Es ist erstaunlich wenig los auf dem Weg. Und noch erstaunlicher ist, dass die meisten Cafés und Gastgärten trotz Hauptsaison geschlossen haben. Es dauert bis zum späten Nachmittag bis ich die erste Tasse Kaffee getrunken habe ….
Also weiter in Richtung Artlenburg…
Hinter mir brauen sich dicke Wolken zusammen. „Das ist bei uns nur Mückenpippi!“, meint am Abend die Wirtin des Schützenhofes in Artlenburg und serviert das hausgemachte Roastbeef draußen.
Artlenburg hat eine wechselvolle Geschichte und der Wirt kann aus der Familiengeschichte plaudern, weil auch das Hotel im zweiten Weltkrieg durch Brandbomben Schaden genommen hat… Aber das Parkett ist heil geblieben und der Opa hat den Rest schnell wieder gerichtet….
Ein langer Mittwoch!
Glücklich angekommen…in der Schule… In der Pension „Alte Schule Schnackenburg“, WLAN-Passwort „Klassenzimmer…“ 😂.
Gestartet bin ich heute Morgen in Artlenburg bei Mückenpippiwetter. Später hat mich zeitweise auch der blaue Himmel wieder begleitet.
Der Niedrigstand der Elbe, kombiniert mit Personalmangel, macht das Einplanen von Fähren zum Glücksspiel. Selbst die Gastwirte können keine verlässlichen Tipps geben. Also bleibe ich auf der rechten Elbeseite und lasse damit Lauenburg am Morgen links liegen.
Etappenziel ist Hitzacker zur Kaffeepause. Bis dahin ist der Weg zunächst freundlich gelegt. Rechts und links habe ich Gesellschaft von Schafen, Pferden, Hasen, Störchen und über mir kreisen immer wieder Raubvögel.
Der Untergrund wechselt zwischen Asphalt, grobem Kies und Waldwegen und auf den letzten Kilometern wird es hügelig. Mit Gepäck eine ganz neue Herausforderung…
Hitzacker ist ein schönes kleines Touristenstädtchen, lädt ein zum Shopppen, Schauen und Genießen. Für mich ist es eine willkommene Kaffee-Kuchen-Pause. Eine gute Gelegenheit, den weiteren Tag zu planen und mir ein Bett für die Nacht zu buchen. Die erste Wahl hat mittwochs Ruhetag, die zweite Nummer ist erst nach 17 Uhr erreichbar. Die Auswahl ist nicht besonders groß, zumal die linke Elbeseite erst ab Dömitz wieder erreichbar ist…
Inzwischen fallen wieder erste Tropfen und ich entscheide mich für Schnackenburg als Tagesziel. Die Beschreibung der alten Schule klingt gut. Der Weg ist machbar. Es ist ja noch früh…
Ich entscheide mich zudem, die Elbe kurzfristig zu verlassen und den direkten Weg über Gorleben zu nehmen, den Rand des Wendlandes zu erkunden und so dem schlechten Wetter aus dem Regenradar zu entgehen. Das gelingt mir bis auf die letzten 20 Kilometer. Aber es ist warm und die Chancen stehen gut, dass morgen alles wieder trocken ist. Bin gut ausgerüstet und die neuen Taschen halten, was sie versprochen haben.
Die Route ist wirklich eine Tour durch alte und neue Geschichte.
Wasserstandsangaben von 1880 zeugen davon, dass die Elbe einst ein viel breiteres Bett hatte. Ihr Wasser wurde nicht nur für die Kraftwerke abgezweigt. Der Wirt in Artlenburg konnte ganze Geschichten davon erzählen, wie Menschenhand die Gegend verändert hat. Heute füllt die Elbe nicht einmal ihr aktuelles Bett. Das gewonnene Land dient überwiegend der Landwirtschaft und beherbergt eine große Artenvielfalt. Der bestehende Deich entspricht längst nicht mehr den aktuellen Gefahren von Tidewechseln und Hochwasser. Stellenweise gibt es Diskussionen um eine Deichverschiebung.
Im Umkreis von Gorleben erinnern noch versprengte Atomkraft-nein-danke-Aufkleber an die heiße Zeit der Proteste und ein „Friedhof für Bundestagsabgeordnete“ im Falle eines Supergaus wurde 2001 quasi prophylaktisch als Kunstobjekt installiert.
Ab Gorleben habe ich keine Chance mehr, dem Regen zu entgehen. Waldwege geben etwas Deckung und so komme ich zwar nass aber zufrieden und glücklich gegen halb sechs nach 108 gefahrenen Kilometern an der alten Schule in Schnackenburg an.
Telefonisch angefragt, ob ich auch etwas zu essen bekommen könnte, teilte mir der Hausherr mit, dass er gerade den Grill anheize und ich bestimmt noch was ab bekäme, wenn ich mich beeile… In gut zwanzig Minuten habe ich die zehn Kilometer geschafft 😅🤣… Alternativen gibt es in Schnackenburg keine für ein Abendbrot…
Auf der Terrasse treffe ich auf Axel und Georg, zwei Radfahrer aus Berlin, und jeder bringt seine ganz eigenen Erfahrungen, Erwartungen, Freuden mit ein, teils gespickt mit weltweiten Reise- und Lebensgeschichten. Ein schöner Tagesabschluss – draußen bei Abendsonne, nachdem wir für einen kurzen Regenguss unter dem Schirm die Tische zusammenschieben mussten.
Am nächsten Morgen erzählt mir die Hausherrin (schönes Wort! 😄), dass sie den Betrieb mit ihren jetzt 60 Jahren abgeben möchten, weil er zuviel Leben frisst. Es sei ihnen aber daran gelegen, dass der Herbergsbetrieb weitergeht…
Der Donnerstag ist ein Traumtag!!!
Die Fahrtrichtung hält, was sie versprochen hat: vorherrschende Windrichtung RÜCKENWIND 🤣😂
Den größten Teil des Tages treibt der Wind am sonst blauen Himmel Wolken vor sich her – und mich gleich mit…
Begonnen hat der Tag wieder einmal mit eingestelltem Fährbetrieb in Schnackenburg. Dafür gab es am Anleger ein Grenzlandmuseum:
Also doch bis Wittenberge auf der rechten Elbeseite bleiben!
Von Schnackenburg zum Elberadweg geht es lang durch die Elbeauen, die ihrem Namen alle Ehren machen. Weiter Himmel, weites grünes Land, Hammerfarben, keine Menschenseele unterwegs…
Mein erstes Etappenziel ist Wittenberge auf der anderen Seite der Elbe mit Brückenanbindung. Praktisch, denn mein heutiges Bett steht auch auf der anderen Elbeseite.
Nur theoretisch praktisch 🤣😂, denn die Brücke ist für Fahrräder gesperrt…😳🤔
Es braucht ein wenig Sucherei und holländischtouristischen Support, bis ich die schmale Fahrradspur an der Eisenbahnlinie gefunden habe, die als Fahrradpiste gilt.
Wittenberge lädt zu einer geruhsamen Pause ein. Bis zu meinem heutigen Ziel sind es danach nur vierzig Kilometer. Und die vergehen im wahrsten Sinne des Wortes im Fluge, denn der Weg führt größtenteils oben über den Deich mit frisch geteerter Piste. Mein einzig bedenklicher Gedanke gilt der Frage, ob die Wolken, die der Wind gemeinsam mit mir vor sich hertreibt, mich wohl überholen könnten 😂
Sie treiben letztlich woanders hin. Ich erreiche Havelberg unbehelligt, beziehe mein Hotel und breche frisch geduscht auf zu einem gemütlichen Abendspaziergang nebst italienischem Essen. Werde mir morgen noch etwas Zeit nehmen für ein paar Sehenswürdigkeiten hier, befinde ich mich doch am nördlichsten Ende der romantischen Straße…
Im Übrigen habe ich mich bereits gestern entschieden, am Sonntagmorgen in Magdeburg in den Zug nach Chemnitz zu steigen und so mit mehr Muße und auf jeden Fall zum Wochenende bei meiner Nichte anzukommen. So bleiben noch viele spannende Etappen des Elberadweges offen…
Ein Freitag gegen den Wind
Havelberg zeigt sich am Morgen verregnet. Das nimmt mir die Motivation, in voller Montur zur Burg zu fahren und das Sightseeing von gestern fortzusetzen. Ich freue mich auf’s Rollen, auf den Wind um die Nase.
Als ich nach vier Kilometern an der Fähre ankomme, hat die Sonne die Wolken gefressen und ich lege die äußere Zwiebelschicht ab.
Die Sandaufähre arbeitet im Gierseilmodus. Sie hängt an verschiedenen Stahlseilen, die im Flussbett verankert sind, lässt sich mit der Strömung treiben und das gezielte Längen und Kürzen der Seile steuert das zielgenaue Erreichen des anderen Ufers.
Weiter geht es…
Tangermünde ist eine schöne und interessante Stadt. Auch mit geschichtsträchtiger Vergangenheit, die anschaulich erklärt wird. Mit liebevoll restaurierten Gebäuden, denen ihre Vergangenheit nicht weggeschminkt wurde. Mit viel gebranntem Ziegel, der das Stadtbild rot prägt. Und mit regem Treiben, denn viele Dörfer unterwegs haben weder Gastronomie noch Bummel-Möglichkeiten. Ich genieße draußen ein leckeres Mittagessen, zu dem sich ein Ehepaar aus dem Rheinland gesellt, das seine Eindrücke gerne mitteilt: Als ehemaliger Unternehmensberater habe der Mann den Ausverkauf der DDR nach der Wende miterlebt. Es hätten sich doch viele Unternehmen am Osten bereichert und die Projekte dann fallen gelassen… Die Frau meint, dass es deshalb ja kein Wunder sei, dass so viele Ortschaften wie ausgestorben seien. Dazu gibt es bestimmt viele Wahrheiten…
Auf der ganzen Welt zeigt sich, dass die Chance auf Bereicherung Menschen anzieht, denen die Rechte des Anderen gleichgültig sind. Da braucht es nicht „Ost“ und „West“ in den Köpfen.
Diese beiden Zuschreibungen aufzuweichen macht es im Umkehrschluss sicher nicht einfacher…
Kürzlich habe ich ein wunderschönes Buch dazu gelesen :“Was wollen die denn hier? – Deutsche Grenzerfahrungen“ Das kommt mir hier häufig in den Sinn.
Nach dem Essen zieht es mich wieder ins Grüne. Es ist ein Fahren für alle Sinne: Der Wind bestimmt, wie kräftig ich in die Pedalen treten muss, denn überwiegend ist es flach drumrum. Die Temperaturen liegen durchgehend im Kurze-Hosen-Bereich. Die Wolken sorgen für ein tolles Licht-, Schatten-und Farbenspiel. Brombeeren und Mirabellen liegen leicht säuerlich auf der Zunge.
Der Augenblick ist das einzig Wichtige. Ich genieße, das Tempo raus genommen zu haben! Die Alpentour hatte ein Gruppentempo, das kaum Zeit zum Innehalten ließ und, wie es eben ist bei einer Gruppentour, fremdbestimmte Pausen für Essen, Trinken, den Sprung hinter den Busch und fürs Fotografieren. Die Alleintour lässt mir jede Freiheit. Jetzt kann ich genau dies genießen!
Heute geht es bis Kehnert. Googelt man unter „Unterkünfte am Elberadweg“, hat man eine breite Palette an städtischen, dörflichen und ländlichen adfc-zertifizierten Angeboten. Nicht alle spontan verfügbar, aber mit ein paar Kilometern mehr oder weniger und einem Tag Vorlauf sind sie zu haben. Ich habe mir für heute das wohlklingende Elbschloss Kehnert in der Ringfurther Elbschleife ausgesucht, gibt doch Wikipedia dazu eine wechselvolle Geschichte wieder und ich bin gespannt, wie sich der sehr angenehme Preis zu einem Gesamtbild ergänzen wird.
Jetzt geht es erstmal wieder unter weitem Himmel durch kleine Dörfer, heute eine Zeit entlang der Bundesstraße, aber auf getrenntem Fahrradweg. Die Kontraste fürs Auge sind groß. Zwischen saftigen Wiesen, staubtrockenen Kiefernwäldern, endlosen Feldern mit Sonnenblumen, Mohn und reifem Getreide und vorwiegend menschenleeren Dörfern. Und immer wieder bleibt das Auge hängen… Und die Nase nimmt eine Prise mit.
Auch an Informationstafeln, die anschaulich einen Einblick in die Zusammenhänge geben lohnt es sich stehen zu bleiben.
Der Wind frischt in der Zwischenzeit auf und ich bin froh über kleine Richtungswechsel, Windschattenstücke. Hinter mir zieht sich der Himmel deutlich zu, aber das Wetter hält, bis ich an meinem Tagesziel angekommen bin und das Fahrrad verstaut habe.
Elbschloss Kehnert
Ich wohne im Nebengebäude, in einem Zimmer mit Teeküche nebenan. Bei Bedarf stehen gegen Centbeträge Teebeutel, Konserven und Pasta im Schrank. Ich brühe mir eine große Tasse Tee auf, setze mich ans Fenster und bin einfach nur DA…. Draußen hat der Regen eingesetzt.
Ich bin ein Glückskind!!!
Das Areal des Elbschlosses lädt nach dem Regen zu einem Rundgang ein und erinnert mich sehr an das Wasserschloss meiner Kindheit. Zum Glück hat man hier in Kehnert offensichtlich zur richtigen Zeit die Kurve gekriegt und durch viel Initiative den besonderen Charme bewahrt. Es hat sich die Erinnerung an seine alten Zeiten bewahrt, gibt durch Einrichtung und Liebe zum Detail einen Touch von Romantik wieder, und ist dennoch nicht kitschig oder abgehoben. Ehrlich. Zurückhaltend schön. Den Verfall nicht verbergend, sondern, teils mit einem Augenzwinkern, zum Stil gemacht…. Der freundliche Mensch an der Rezeption erklärt dazu, dass es nicht immer einfach sei, die verschiedenen Interessen unter einen Hut zu bekommen. Nicht jeder pflege das gleiche Interesse und die gleiche Umsicht. Die Einen würden hier wohnen und hätten es gerne einfach schön, die Anderen würden hier arbeiten, was hier auf vielfältige Weise möglich und zuweilen nur schwer unter einen Hut zu bekommen sei.
Ferienwohnungen, Spielscheunen, Reitgelegenheit, ein privater Zugang zum Bertlinger See, der sich harmonisch in die Elbschleife schmiegt. Ein schönes Areal, das auch am nächsten Morgen noch einen Rundgang wert ist.
Zu hören ist vornehmlich Schwalbengezwitscher. Die seien hier inzwischen eine Plage und man solle auf jeden Fall die Tore hinter sich gut schließen, sonst hinterließen sie zum Beispiel auch auf den Fahrrädern deutliche Spuren…. Des Einen Freud, des Anderen Leid… 😊
Am Morgen gibt es ein reichhaltiges Buffet im gut besuchten „Spiegelsaal“. Die 16 Betten scheinen ausgebucht gewesen zu sein. Von einer Dänin erfahre ich, dass sie hier eine mehrtägige Pause einlegt, um dem Po und den Beinen eine Pause zu gönnen. Für Samstagabend haben junge Leute das Schloss für einen runden Geburtstag gebucht. Es geht also, altes Gemäuer mit Leben zu füllen.
……
Am Samstagmorgen beginnt mein letzter Tourentag. Er wird am Nachmittag in Magdeburg enden und ich habe mich entschieden, noch den Zug nach Leipzig zu nehmen und mir dort am Ortsrand ein Zimmer zu nehmen.
Es geht in die Börde, gefühlt immer im großen Bogen um den Kalimandscharo, einen Salzberg der Zielitz-Werke der K+S Minerals and Agriculture GmbH, der mit 52m Höhe als die höchste Erhebung zwischen Magdeburg und der Ostsee gilt und sogar in Outdooractve als Bergwanderung angeboten wird… 😀
Vier Kilometer nach meinem Aufbruch in Kehnert nutze ich meine letzte Fähre in Rogätz. Danach geht es gefühlt stundenlang über einen Deich durch weites Ackerland bis Niegripp. Dort kündigt sich das große Wasserstraßenkreuz zwischen Elbe und Mittellandkanal an.
Die Skizze dazu gibt es bei Wikipedia:
Ein gigantisches Landschafts- und Verkehrsprojekt, das bereits in den frühen 1930er Jahren seinen Ursprung hatte, durch den Krieg eingestellt und nicht wieder fortgeführt wurde. Nur die Idee ist geblieben und mit der Wende hat sie ein aktuelles Gesicht bekommen. Die alten Stützpfeiler wurden gesprengt und das Material für den Unterbau des aktuellen, weit größeren Projektes genutzt. Beeindruckend, die Trogbrücke von oben und von unten zu sehen und zu befahren! Wie viele Köpfe daran geplant haben müssen, um dem Naturschutz, den Länderbesitzrechten und nicht zuletzt den technischen Anforderungen gerecht zu werden! Da erscheint das Detail, dass das Wasser in der Brücke bei Eis den Trog sprengen könnte, als geradezu winzig, aber eben doch von technischer Bedeutsamkeit: Dazu wird an den Kanalseiten Luft ins Wasser eingeblasen. Die aufsteigenden Blasen verhindern eine Eisbildung zwischen Trogwand und der Wasserfläche. Somit kann das Eis die Trogwände nicht auseinanderdrücken…
Allein der Bau des Kreuzes hat von 1998 bis 2003 gedauert.
Es ist das letzte Highlight des Tages. Danach gönne ich mir eine „Stulle“ am Kanal und trample dann „hart am Wind“ in Richtung Magdeburg. Das passt gut, denn ich finde sofort einen Zug mit Fahrradstellplatz und höre mir gleich darauf von Mitreisenden an, dass sie zwei Stunden vorher frustriert vor vollen Zügen auf dem Bahnsteig stehen geblieben sind. Entsprechend genervt sind sie und schmeißen ihre Räder erleichtert kreuz und quer in den Waggon. Ich wiederum bin erleichtert zu hören, dass sie mit mir zusammen wieder aussteigen und ich mein Fahrrad nicht darunter ausgraben muss.
Inzwischen bekomme ich Gesellschaft nebenan und gegenüber und es entspannt sich eine rege Unterhaltung. So erklären wir uns gegenseitig auf den knapp hundert Kilometern zwischen Leipzig und Roßlau auf Englisch und Deutsch unsere Definition von Karma, ob wir denn in der ewigen Spirale des Seins Menschen bleiben oder etwas Höheres anstreben möchten 😄🤔🍀. Die beiden verabschieden sich jedenfalls in Roßlau auf ihrem Weg nach Berlin mit der Vermutung, dass es vielleicht ja doch eine karmische Verabredung war, die uns hier so bunt für den Augenblick zusammengeführt hat. Wer weiß das schon…?… 😉
Vom Bahnhof Leipzig geht es für mich durch viel Grün nach Lindenthal, wo ich nicht nur ein ruhiges Zimmer mit Frühstück, sondern auch ein leckeres vietnamesisches Essen bekomme.
Am nächsten Morgen geht’s wieder zurück zum Bahnhof und zum Zug zu meiner Nichte nach Chemnitz. An einem Abzweig werde ich von hinten angerufen: „Wohin so schnell, junge Frau, ich habe doch keinen Motor!“ Die „junge Frau“ lässt mich einen Moment zögern😉 in dem strammen Tritt in die Pedale und schon habe ich die Geschichte in Kurzform im Ohr:
Gestartet ist der Mann, etwa in meinem Alter, in Südtirol. Mit Fahrrad und Anhänger, voller Planen und Leergut, und mit Muskelkraft. Er ist auf dem Weg über Polen und die Ukraine nach Wladiwostok… Und ruft mir noch ein freundliches „Pfiati! “ hinterher, was in dieser Gegend geradezu außerirdisch klingt und mir ein Lachen ins Gesicht treibt. An Reisesegen kann man nie zuviel haben! 😄
Der Nahverkehrszug von Leipzig nach Chemnitz ist eine Herausforderung! Nicht nur beim Ein-und Ausstieg, sondern auch die Fahrgeräusche verlangen viel Vertrauen. Es klappert und quietscht. Dafür brauche kein Extraticket für mein Fahrrad…
Der Sonntag gehört meiner Nichte und mir. Gemütlich auf dem Balkon, harmonisch der gechillte Austausch, touristisch die von ihr geführte Radtour durch die Gegensätze von Chemnitz: Kaffeepause am Wasserschloss Klaffenbach, zurück durch Schleichwege und Plattenbausiedlungen auf den idyllischen Kaßberg….und die überraschende Erkenntnis, dass das Umland und Chemnitz selbst deutlich vom Erzgebirge geprägt sind: Hügelig ist es!!
So war meine Woche rückblickend doch sehr ressourcenschonend, denn der Mulderadweg hätte noch einige Höhenmeter abverlangt…und bleibt mit vielen Tipps, die meine Nichte auf Lager hat, auf meiner To-do-Liste stehen.
Inzwischen sitze ich im Zug, wunderbar organisiert und reserviert von zuhause aus, denn es war gar nicht so leicht, zusammenhängend für die Teilstrecken einen Fahrradplatz zu bekommen.
Eine schöne Woche! Gerne wieder! Es bleibt ja noch ein ganzes Stück Elbe… Glaubt man den Flusskilometern, habe ich sie in diesen fünf Tagen über ungefähr 350 Kilometer begleitet. 1220 km hat der Radweg insgesamt….
5 Antworten zu “Eine Woche Elberadweg”
Raus aus der Komfortzone…
Ahhh, jetzt habe ich es auch gelesen…
Das darf man jetzt noch sagen: „Hummel, Hummel! Mors, Mors!“
Da bekomme ich sofort Lust aufs Losfahren!
Danke für die Reportage, mit Herz und praktischen Tipps.
So soll es sein! 🍀🌈💚